Labor-Informations- und Management-Systeme (LIMS)
Labors sind individuell in Bezug auf Ihre Aufgabengebiete sowie häufig auch in ihren etablierten Arbeitsabläufen. Dies ist eine Ausgangssituation, die zunächst gegen einen sinnvollen Einsatz von IT-Systemen spricht, welche den Workflow und das Datenmanagement unterstützen sollen. Dennoch haben sich spezialisierte Informations-Systeme – sogenannte LIMS – am Markt etabliert, die antreten, um die komplexen Anforderungen von Labors an die interne Organisation wie an die Verwaltung und Auswertung der anfallenden Daten abzudecken. Sie erreichen ihr Ziel, indem sie Anwendungsmodule entlang eines generalisierten Workflows in einer vorstrukturierten, standardisierten Form anbieten und dies übergreifend für die verschiedensten Branchen. Solche Prozessschritte reichen von der Probenregistrierung über die Vorgabe des Untersuchungsumfangs bzw. anderer Arbeitsaufgaben und die Datenerfassung von Analysenergebnissen bis hin zum Berichtswesen.
Die Leistungsfähigkeit eines IT-Systems für Labors hängt allerdings stark von der Fähigkeit ab, die verfügbaren Programmfunktionen an die Besonderheiten des jeweiligen Labors anzupassen. Dabei muss dies im Rahmen des Software-Standardpakets und mit vertretbaren Kosten möglich sein.
Die Entscheidung für den Einsatz eines LIMS im Labor basiert selten allein auf dem Rationalisierungsaspekt. Die Erfüllung der Dokumentationspflichten, frühzeitiges Erkennen von Qualitätsproblemen mit der Möglichkeit des Gegensteuerns oder hohe Informationsverfügbarkeit der Labordaten in der Forschung, für den Betrieb, den Kunden oder andere Partner rücken in den Vordergrund.
Was ist ein LIMS?
Der Terminus LIMS ist ein eingeführter Begriff und steht für Labor-Informations- und Management-System. Die exakte Definition für die IT-Applikation LIMS ist abhängig vom individuellen Blickwinkel in Bezug auf den Einsatz im Labor und der Nutzungsart. LIMS sind nur zu einem gewissen Grad standardisiert, da sie in unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt werden müssen. Die Anpassung eines LIMS an die individuellen Belange einer Organisation und deren Aufgaben ist somit – in gewissem Rahmen – ein normaler Vorgang und gleichzeitig eine Notwendigkeit, um Akzeptanz beim Anwender zu erzielen. Bei allen Variationen des Einsatzspektrums finden sich dennoch Gemeinsamkeiten bei den verschiedenen LIM-Systemen, was zu folgender Definition führt:
Ein Laborinformations- und Managementsystem (LIMS) ist eine IT-Applikation, die den Laborbetrieb in Bezug auf die administrativen und koordinativen Aufgaben der Probenbearbeitung sowie hinsichtlich der Erfassung und Auswertung ermittelter Analysendaten unterstützt.
Labor-IT Erweiterungen
LIMS-Applikationen werden je nach Ausrichtung des Labors und seiner Aufgaben teilweise durch weitere, spezialisierte Softwareanwendungen ergänzt. Dazu gehören Lösungen, die gemeinsam mit LIMS, unter dem Begriff “Labor-IT Anwendungen” zusammengefasst werden:
- ELN (Electronic Laboratory Notebook)
Datenbanksystem zur Planung und Verwaltung von Experimenten in Form eines elektronischen Laborjournals. Der ELN-Schwerpunkt liegt oft bei der Verwaltung unstrukturierter Daten von Versuchen oder Synthesen, aber auch von Rezepturen. Dabei werden Dialogformen unterstützt, welche Eingaben in angepassten Formularen, Tabellen oder großen Freitextfeldern ermöglichen, bis hin zur Erfassung von Reaktionsgleichungen oder Bildern. ELN-Systeme werden häufig in Forschungs- und Entwicklungsbereichen genutzt.
- LES (Laboratory Execution System)
Softwareanwendung zur Unterstützung einer systematischen, dokumentierten Durchführung von Analysen, Vorbereitungsschritten oder der Reagenzien-Herstellung im Labor. Dabei wird der Nutzer im Dialog mit Hinweisen oder Anweisungen geführt und gleichzeitig zur manuellen oder elektronischen Erfassung der relevanten Daten für den jeweiligen Arbeitsschritt aufgefordert (SOP-orientierte Dialogformen). LES-Anwendungen finden sich oft in geregelten Bereichen wie der Pharmaindustrie aber auch in anderen Labors mit hohen Dokumentationsanforderungen. - SDMS (Scientific Data Management System)
Datenbankapplikation zur Verwaltung wissenschaftlicher Labordaten (Rohdaten, Ergebnisdateien, Dokumente). Die Softwareanwendungen sind häufig auf die geordnete Langzeitspeicherung komplexer Analysendaten wie Spektren oder Chromatogramme ausgerichtet und umfassen neben der Datenerfassung und Übernahme auch die Datenvisualisierung sowie teilweise die Erstellung von Berichten.
SDMS-Funktionalität findet sich teilweise auch in einigen LIMS-Produkten, die sich oft auf eine XML-basierte Datenablage, beispielsweise im standardiserten AnIML-Format (Analytical Information Markup Language), stützt.
LIMS-Technik
LIMS, als datenbankorientierte Anwendungssysteme, erfordern leistungsfähige IT-Technik, um die Probenbearbeitung effizient zu unterstützen und die anfallenden Daten in strukturierter, auswertbarer Form zu speichern. Dies sind:
- Ein Serversystem, welches die LIMS-Datenbank hält und auf dem auch die LIMS-Anwendungssoftware installiert ist. Oft erfolgt eine Verteilung der Datenbank und der Applikation auf mehrere Server, welche intern oder auch extern bei IT-Dienstleistern oder in der Cloud betrieben werden können. Als Datenbank kommen meist gängige Produkte wie ORACLE oder MS SQL Server zum Einsatz, seltener auch Open Source Lösungen. Die Server-Hardware nutzt typischerweise Windows Server oder UNIX / LINUX Server-Betriebssysteme.
- Arbeitsplatzrechner, d.h. PC-Systeme, die meistens über ein lokales Netzwerk mit dem Serversystem verbunden sind. Die PCs werden normalerweise mit MS Windows betrieben und bieten dem Anwender die LIMS-Applikation mit einer grafischen Bedienoberfläche an. Das LIMS ist häufig als Client / Server-Programm aufgebaut, d.h. Anwendungsteil und Datenbankteil sind getrennt und kommunizieren über ein Netzwerk.
Diverse Systeme basieren inzwischen auch komplett auf Web-Technologien. Dadurch lassen sich immer mehr LIMS-Anwendungen in Teilen oder komplett über Web-Browser bedienen, was den Einsatz als Cloud-basierte Lösung erleichtert. Schrittweise werden bei vielen LIMS-Herstellern Anwendungsteile auch auf mobilen Geräten wie z.B. Tablets bereitgestellt. - Netzwerkinfrastruktur, d.h. lokale und manchmal auch Weitverkehrsnetzwerke (LAN, WAN) überwiegend auf Basis von Ethernet. Als gängigstes Netzwerkprotokoll wird TCP/IP eingesetzt. Über die Netzwerkinfrastruktur werden Server und Clients miteinander verbunden, so dass der LIMS-Benutzer Zugriff auf alle nötigen und für ihn freigegebenen Ressourcen hat.
Neben diesen Grundkomponenten gibt es auch weitergehende Aspekte einer LIMS-Realisierung. Diese reichen von der Vernetzung mit übergeordneten Planungssystemen wie z.B. ERP oder MES, bis hin zur Einbindung von Kunden oder Lieferanten über das Internet, beispielsweise über eigene Web-Portale.
LIMS-Applikationen
Der Anwender, der das LIMS in seinem Labor nutzt, fokussiert weniger auf die Technik, als auf die Funktionalität. Er sieht sich einem Softwaresystem gegenüber, das ihm über Auswahlmenüs ein individuelles Funktionsspektrum anbietet, welches er für die tägliche Arbeit nutzen kann. Im Wesentlichen finden sich folgende Grundmodule wieder:
- Auftragsregistrierung und Probenanmeldung
- Vorgabe des Prüf- oder Untersuchungsumfangs
- Unterstützung bei Probenverteilung und Bearbeitung
- Ergebnisdatenerfassung (manuell, elektronisch)
- Freigabe der Untersuchungsergebnisse
- Berichtswesen und Auswertung
- Stammdaten-Verwaltung
Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl an weiteren Funktionen, die im LIMS-Basispaket oder als Erweiterung angeboten werden.
Die Grundausprägung des LIMS wird in den meisten Fällen im Verlauf einer Konzeptions- und Implementierungsphase an die individuellen Eigenheiten eines Labors angepasst. Dabei kommen unterschiedliche Vorgehensweisen zum Einsatz, die entweder aufeinander aufbauende Schritte vorsehen oder auch agile Techniken, welche iterative Anpassungen bis zum fertigen LIMS-Modul vornehmen.
Häufig entwickeln sich LIMS-Applikationen beim Einsatz im Labor weiter, bis hin zu hoch spezialisierten Systemen. Werden zu Beginn nur die Grundfunktionen genutzt, so kommen später beispielsweise spezielle Auswertungen, Statistik, Prüfmittelverwaltung oder Qualitätsregekarten hinzu. Teilweise stehen auch zusätzliche Module z.B. zur Dokumentenverwaltung, Stabilitätsprüfung oder Angebots- und Rechnungserstellung zur Verfügung. Spezielle Labor-IT Lösungen wie ELN, LES oder SDMS können LIMS-Anwendungen ergänzen oder teilweise auch autark betrieben werden.
Die Integration der Peripherie, allen voran die Analysengeräteanbindung zur online-Erfassung elektronischer Messdaten ist ein wesentlicher Schritt zur Erhöhung der Arbeitseffizienz und Fehlerminimierung. Allerdings bilden die Heterogenität der Geräteschnittstellen und der Datenformate gewisse Hürden bei der Realisierung solcher Geräteanbindungen an LIMS. Daher gibt es intensive Bestrebungen zur Standardisierung von Kommunikationsprotokollen und Übertragungsformaten. Beispiele dafür sind Kommunikationsstandards wie SiLA oder OPC UA sowie das XML-basierte Datenformat AnIML für den Datenaustausch und die Speicherung.
Ein weiteres hohes Nutzenpotenzial liegt im elektronischen Datenaustausch mit anderen IT-Systemen im Unternehmen oder auch übergreifend. Dazu gehört insbesondere die Einbindung von Produktionsplanungs- und Lagerverwaltungssystemen, betriebswirtschaftlich orientierten Anwendungen aber auch von externen Systemen z.B. des Auftraggebers oder von Behördenstellen. Allerdings vergehen oft mehrere Jahre bis zur kompletten Realisierung einer solch hochintegrierten Applikationslandschaft.